Prof. Thomas Skutella: AKTUELLES AUS DER VETERINÄRMEDIZIN

Stammzell-Behandlung von Sehnenverletzungen beim Pferd – Die Heilung von Tunierpferden wird dadurch schneller und besser möglich

Sehnenverletzungen bei Pferden, besonders die der oberflächlichen und tiefen digitalen Beugemuskelsehnen und des Bandhalteapparates, sind häufig und neigen zu Rezidiven.

In den letzten Jahren sind regenerative Therapiemöglichkeiten entwickelt worden, um Narbengewebe nach der Verletzung zu vermeiden und stattdessen tatsächlich vermehrt  Sehnengewebe zu regenerieren.

Im Labor des Hochschulprofessors und Stammzellspezialisten Thomas Skutella, hat die Verwendung von mesenchymalen Stammzellen (MSCs) bei der Behandlung von Sehnen- und Bänderverletzungen bei Versuchstieren in Zusammenarbeit mit der mit der  Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Pferdeklinik in Kirchheim bereits Erfolg gezeigt und ließ sich bei den Pferden ohne schädliche Nebenwirkungen durchführen. Obwohl MSCs als multipotente Zellen bekannt sind und sich somit in verschiedene Bindegewebezellen differenzieren, konnte Professor Skutella zeigen, dass der Haupteffekt der mesenchymalen Stammzellen in ihrer entzündungshemmenden Funktion liegt und langfristig die Kollagenmatrix nach einer Schädigung verbessert. Diese Eigenschaften sind daher für den Gebrauch von MSCs bei der Behandlung von muskuloskeletalen Verletzungen von Vorteil.

Die Therapie von Tendopathien, durch das autologe Transplantieren von MSCs aus Knochenmark  ist eine seit Jahren eine angewandte klinische Methode.

Allerdings ist die Gewinnung von Material via Knochenmarkspunktion aus dem Sternum zur autologen Herstellung von MSCs nicht ohne Risiken, so Professor Skutella. Auch der Zeitraum, bis eine theraputhisch wirksame Dosis hergestellt werden kann, ist von Nachteil, vor allem bei der Behandlung akuter Verletzungen.

Daher wurde die Gewinnung von mesenchymalen Stammzellen aus dem Fettgewebe der Schweifwurzel  entwickelt, um eine alternative, schnellere und schonendere Gewinnungsmethode von MSCs zu generieren.

Dabei zeigte sich, wie Prof. Skutella anmerkte, dass die Entnahme des Fettgewebes im Vergleich zur Knochenmarkspunktion sehr einfach, risikoarm und für den equinen Patienten unter Lokalanästhesie schmerzfrei durchzuführen ist.

Zudem ist die Zellgewinnung und Anzüchtung ist im Vergleich zu Knochenmark, um ein Vielfaches schneller und es lassen sich innerhalb kurzer Kultivierungszeit ausreichende Zellmengen für die Transplantation gewinnen.

Die Herstellung von equinen MSCs ist inzwischen ein sehr gut etabliertes Standardverfahren in der Zellkultur.  Es ist wichtig zu betonen, dass es für eine Stammzelltherapie notwendig ist, die Zellen über mehrere Wochen in der Zellkultur zu vermehren um entsprechend wirksame Zellmengen zu erhalten. Obwohl das entnommene Fettgewebe mesenchymale Stammzellen enthält, reicht die sehr geringe Menge an Gewebe-MSCs direkt nach Entnahme und Aufarbeitung bei Weitem nicht aus, so Prof. Skutella, um bei einer Anwendung ohne Zellvermehrung von einer Stammzelltherapie zu sprechen.

Neuere wissenschaftliche Arbeiten aus Skutellas Arbeitsgruppe zeigen, dass MSCs aus dem Fettgewebe im Vergleich zu MSCs aus dem Knochenmark eine geringere Heterogenität ihres Transkriptoms, d.h. genetisch weniger verändert sind (weniger Mutationen), eine geringere intrinsische Immunogenität (weniger Abstossungsreaktionen) und eine höhere immunsuppressive Funktion (wirken stärker anti-entzündlich) besitzen.

Die funktionale Qualität der hergestellten MSCs sollte vor der Transplantation über einen T-Zell Suppressionstest bestimmt werden. Damit lässt sich die entzündungshemmende Wirkung der Zellen qualitativ ableiten.

Für die Wirksamkeit der Zellen ist es sehr wichtig, betont Prof. Skutella, dass diese nur über einen geringen Zeitraum vermehrt werden und am besten direkt nach der Zellernte eingesetzt werden.

Im Anschluss an das Auftauen, müssen die Gefrierschutzmittel entfernt und die Zellen über eine erneute Zellkultur für die Transplantation vorbereitet werden.

Die direkte Anwendung von eingefrorenen Zellen mit Gefrierschutzmitteln, geht mit einem hohen Wirkverlust und Zelltod einher.

Nach der Kryokonservierung sollten die Zellen nicht direkt nach dem Auftauen zur Applikation verwendet werden, merkte Prof. Skutella an. Sondern gehen zur Verbesserung der Zellqualität zunächst mindestens 5 Tage wieder in Kultur. MSC, die direkt nach Auftauen im T-Zell-Proliferationsassay verwendet werden, weisen einen temporären Verlust ihrer immunsuppressiven Kapazität auf. Eine Äquilibrierungsdauer von 5 Tagen oder mehr führt zu einer signifikant stärkeren T-Zellsuppression und damit zu einer stärkeren immunmodulierenden und entzündungshemmenden Wirkung.

Equine MSCs aus dem Fettgewebe können die Regeneration der Sehnenfunktion, so Prof. Thomas Skutella, nach Verletzung durch den Vorteil der entzündungshemmenden Eigenschaften mit hoher Qualität entscheidend verbessern.

Die Herstellung von autologen MSCs muss gemäß den aktuellen Richtlinien der guten Herstellungspraxis (cGMP) mit einer nationalen Herstellungserlaubnis durchgeführt werden, um die Sicherheit, Qualität, Merkmale und Identität des Zellproduktes zu gewährleisten. Bei einer allogenen Herstellung und Anwendung ist zusätzlich eine europäische Zulassung bei der EMA in Amsterdam als Tierarzneimittel eine Voraussetzung.

Literatur:
1: Conrad S, Weber K, Walliser U, Geburek F, Skutella T. Stem Cell Therapy for Tendon Regeneration: Current Status and Future Directions. Adv Exp Med Biol. 2019;1084:61-93. doi: 10.1007/5584_2018_194. PubMed PMID: 30043235.

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